Freitag, 19. Dezember 2008

Die UNO, eine Welt für sich!


Die UNO werde ich vielleicht am meisten an New York vermissen. Nicht nur, weil die Kollegen bei IPS wirklich super waren. Auch weil die Weltorganisation einfach ihren eigenen Charme hat. In so kurzer Zeit trifft man hier so viele interessante Menschen aus allen Ländern der Erde, hört zu vielen Themen -- Kriegen, Krisen, Entwicklung -- die Meinungen direkt Betroffener, und begegnet den Mächtigen und Einflussreichen unserer Zeit. Viele Themen werden hier täglich angesprochen, die es in Deutschland vielleicht zu einer Kurzmeldung in einer Tageszeitung bringen: Wie lässt sich Armut bekämpfen, wie arbeiten Entwicklungsländer untereinander zusammen, wie werden die Krankheiten, die gerade arme Menschen betreffen, eingedämmt oder was will der Sicherheitsrat für die vielen unschuldigen Opfer im Kongo, in Darfur oder in Somalia machen. UN-Personal oder NGO-Mitarbeiter geben einen Einblick in die Arbeit die sie "vor Ort" machen.

Entmutigend -- dennoch interessant -- ist wie Diplomatie funktioniert, zum Beispiel im Fall des schon erwähnten Kongo-Konflikts. Täglich schickt die UN-Mission vor Ort per Satellit ihren Ruf nach Truppenverstärkung nach New York. Täglich bekräftigt Ban Ki-Moon die Forderung nach Verstärkung. Täglich berichten die humanitären Hilfskräfte aus dem Kongo, wie schlecht es um die hunderttausenden Flüchtlinge steht -- und wie wenig Schutz die UN-Truppen bieten können. Und was macht der Sicherheitsrat? Er tagt, tagt und tagt (hat dabei nicht immer den Kongo auf der Tagesordnung) und ringt sich dann tatsächlich zu einer Entscheidung durch (was angesichts der Tatsache, dass sich dafür Amerika, Russland, China, Frankreich und England einig sein müssen, durchaus bemerkenswert ist): 3000 Soldaten mehr, deutlich weniger als gefordert. Nur: Die UNO selbst hat natürlich keine Truppen, die müssen die Mitgliedstaaten stellen. Angesichts der brisanten Lage sind gut ausgerüstete, gut trainierte Soldaten gefragt -- und die hat im Moment eigentlich nur eine Gruppierung in ausreichender Anzahl zur Verfügung: die EU. Doch nicht einmal die Länder, die im Sicherheitsrat für eine Aufstockung der Truppen gestimmt haben, halten es für notwendig, Hilfe zu schicken. Geschweige denn Deutschland... So frustrierend kann UN sein.


Manchmal ist es auch nur nutzlos, zum Beispiel wenn sich (wie ich schonmal erzählt habe) Staats- und Regierungschefs und andere hochrangige Abgesandte der Mitgliedstaaten treffen, um über die "Kultur des Friedens" zu besprechen. Klingt esoterisch -- ist bizarr. Ein Fokus der Veranstaltung liegt auf der Verständigung der Religionen, was ausdrücklich vom Sponsor des Events gefordert wurde: von Saudi Arabien. Das Paradis für Nicht-Muslime schlechthin! Und es kommt noch schlimmer: Kriegstreiber Nummer Eins, George W. Bush, gibt wohlfeile Worte von sich, berichtet wie Gott ihm aus der schwierigen Alkoholsucht geholfen hat (vergisst dabei zu erwähnen, wie Gott ihn zum Kreuzzug im Irak aufgefordert hat). Menschenrechtsfreie Länder wie Ethiopien rühmen sich ihrer toleranten Politik. Zum Kopfschütteln.

Doch dann gibt es auch noch die kleinen Sternstunden: Zum Beispiel wenn Diplomaten eigentlich hoch-verfeindeter Staaten am Gang scherzend miteinander reden. Wenn der Präsident der Generalversammlung -- ander als der Charisma-befreite Ban Ki-Moon -- mal deutlich gegen die USA, gegen Weltbank und IWF oder gegen Israels Blockade der Palästinensergebiete lospoltert. Oder wenn man live miterleben kann, wie Länder voneinander lernen (zum Beispiel im Bereich von Bildungs- und Entwicklungsprojekten) und Zusammenarbeit einfädeln. Highlights für Jung-Journalisten sind auch viele Pressekonferenzen, in denen gestandene Journalisten schon mal ihre Samthandschuhe ablegen und Spitzenpolitiker ins Schwitzen und Stottern kommen.


Aus all diesen Gründen werde ich also die UNO in New York -- die Miniaturversion der ganzen Welt -- schwer vermissen -- und so auch nie mehr erleben. Denn der marode Charme des Gebäudes ist bald Geschichte: Ab Anfang nächsten Jahres wird das Gebäude leer geräumt, ausgehölt und renoviert. Bye bye, UNO!

Donnerstag, 18. Dezember 2008

An (almost) Insider's View on New York -- Teil 1

Fuenf Tage noch, dann hat Deutschland mich wieder -- voruebergehend. Vier Monate in New York sind dann vorbei, die ich hier nicht noch einmal lang und breit darstellen will. Stattdessen gebe ich allen zukuenftigen New York Besuchern ein paar Tipps mit auf den Weg, was man hier alles machen kann, was moeglicherweise nicht auf den ausgetretenen Touristenpfaden liegt. Zum warm werden aber erstmal ein paar allgemeine Infos:
  1. Laufen, laufen, laufen, laufen! Zugegeben, kein wirklich revolutionaerer Ratschlag, aber doch der wichtigste. Ein richtiges Gefuehl fuer die Stadt bekommt man, indem man sich auf Schusters Rappen durch die vielen und vielseitigen Viertel bewegt. Die Haeuser veraendern sich, die Laeden werden teurer/billiger, die Leute auf der Strasse sind ganz andere. Generell gibt es -- inbesondere in Manhattan -- keine Ecke, wo sich ein Spaziergang nicht lohnen wuerde. Hier stoesst man auch auf viele kleine Entdeckungen, die den eigenen New York Besuch eben doch besonders machen.
  2. Einfach mal Leute anquatschen! Weg verloren? Keine Ahnung, wo man gut weggehen kann? Auf der Suche nach einem bestimmten Laden? Oder einfach nur Langeweile? Die meisten New Yorker sind extrem hilfsbereit und einem Schwaetzchen gegenueber immer aufgeschlossen. Dabei kommt auch immer die ein oder andere nette Anekdote heraus.
  3. Mit oeffentlichen Verkehrsmitteln fahren! Nirgends kann man Leute besser beobachten als in der New Yorker U-Bahn. Und glaubt mir, so schraege Voegel wie hier, findet man auch nicht ueberall.
  4. Auch mal raus aus Manhattan! Hier moegen alle beruehmten Touristenattraktionen sein, doch auch die anderen "Boroughs" haben ihren Charme. Fuer gutes, nicht so aufgestyltes und vor allem guenstigeres Nachtleben beispielsweise ist Brooklyn die erste Adresse (insbesondere Williamsburg). Und Brooklyn bietet mit der Nachbarschaft Park Slope, dem Prospect Park oder dem Brooklyn Bridge Park mit Wahnsinnsblick auf Manhattan und die beruehmten Bruecken auch sonst noch einige Highlights. Auch Queens, wo ich meinen Wohnsitz (noch) habe, hat schoene Ecken -- dazu spaeter mehr.
  5. Einkaufen gehen! Gut, das muss ich keinem New York Besucher zweimal sagen. Aber gerade weil New York so beruehmt ist, fuer seine Einkaufsmoeglichkeiten ist, lohnt es sich, auch in Laeden zu gehen, wo man nichts kaufen will -- einfach nur um sie anzuschauen. Auch alternative, den Kapitalismus aufs schaerfste verachtende Kulturtouristen sollten sich den grauenvollen Abercrombie & Fitch Laden in der Fifth Avenue, Tiffany's, den Disney Store, den Virgin Megastore am Times Square, Macy's, und all die anderen bekannten Locations anschauen. Solche Dimensionen gibt es bei uns einfach nicht. Doch New York hat nicht nur die riesigen Einkaufstempel zu bieten. Gerade im Village, an der Upper West Side, in Brooklyn oder in SoHo finden sich viele kleine Buchlaeden, Plattenlaeden, Galerien, Moebelgeschaefte etc. die wirklich urig sind und die ein oder andere Raritaet auf Lager haben.

Das mal zur Einfuehrung. In den kommenden Tagen werde ich die Liste ein bisschen mit konkreteren Tipps auffuellen, damit ich hier nicht nur so allgemeines BlaBla von mir gebe. In der Zwischenzeit koennt ihr hier ein bisschen (auf deutsch) lesen:

Deutsche Discountpower erobert Amerika

Lecker, Lebkuchen auch in NYC

PS: Sorry fuer die lange Funkstille... Viel, viel, viel zu tun!

Donnerstag, 4. Dezember 2008

Berlin & Nuremberg


"Are you from Berlin?" -- Das hab' ich nun schon öfter zu hören bekommen, wenn ich erzählt habe, dass ich aus Deutschland bin. Denn Berlin hat hier in New York einen ziemlich hippen Ruf. Einige Menschen, die ich eher der "alternativen Szene" zuordnen würden (bzw. die sich eher dieser Szene zuordnen würden, sonst würde es sich ja gar nicht lohnen, alternativ zu sein...), haben mir sogar schon erzählt, dass sie mit dem Gedanken spielen, in unsere schöne (und einzig wirkliche) Metropole zu ziehen: Ein Fotograf, eine Sängerin, ein sich nicht näher qualifizierender Schriftsteller und ein übel riechender Obama-Volunteer -- also genau die hoch-qualifizierten Einwanderer, die Deutschland haben möchte ;) Wer das Foto anschaut, wird übrigens bemerken, dass der Retro-Charme, den das UNO-Hautpquartier so reichlich versprüht, auch in Berlin zu finden ist...

Auch Nürnberg ist hier recht bekannt. "Da kommen doch die leckeren Bratwürste und die Lebkuchen her?" ... Nein, leider ist das nicht, was man zu hören bekommt. Eher: "Waren da nicht die Prozesse nach dem Krieg?" Yep, genau die. Oder: "Ich hab' gestern eine Dokumentation über die Nazis gesehen, da kam Nürnberg auch vor, die Parteitage und so. Kommst du da nicht her?" Yep, genau daher. Den Ruf ein bisschen aufpoliert (wobei die Nürnberger Prozesse -- im Gegensatz zu den Nürnberger Gesetzen -- gerade in der UNO ja nicht den schlechtesten Ruf genießen) haben Nürnberger Lebkuchen, die ich als Mitbringsel bekommen habe (Danke J.!), und im Büro angepriesen habe.

Dass ein New Yorker, der noch nie in Deutschland war, aber dennoch perfekt Deutsch konnte, mich verbessert hat, als ich ihm mitgeteilte, ich wäre aus Bayern, hab' ich glaub ich schon erzählt? Falls nicht, zitiere ich nur seine Verbesserung: "Nürnberg ist doch Franken, nicht Bayern." Mein Lieblings-New Yorker!

PS: Artikelupdate gibt's jetzt nur noch in der neuen, interaktiven und nicht (!!) von mir selbst erstellten Leiste im linken Menü. Sorry for any inconvenience.

Dienstag, 2. Dezember 2008

Shoppingrausch...

Angeblich erlebt Amerika das schlechteste Weihnachtsgeschäft seit Jahren -- dann möchte ich nicht in guten Jahren hier sein. Wenn Sonderangebote locken, wird Macy's (angeblich das größte Kaufhaus der Welt) zum Schlachtfeld und die Läden öffnen um 5 Uhr morgens. In einer Wal Mart Filiale ist ein Mitarbeiter niedergetrampelt worden, als er die Türen am vergangenen Freitag ("Black Friday Sale") aufsperrte. In einer Toys R Us Filiale gab es eine Schießerei um die letzte Spielekonsole... Was für eine Stadt. Ich selbst war auch im Kaufrausch und hab das ein oder andere gute Geschäft gemacht. Ohne mich dafür Prügeln zu müssen. Eine nette Straßenhändlerin hat mir einen Preisnachlass wegen meiner "schönen blauen Augen" gegeben. Die Dame weiß, wie man Geschäfte mit eitlen Männern macht.

Derweil habe ich auch noch eine wissenschaftliche Sensation vollbracht. Ich weiß, wer für den Klimawandel verantwortlich ist:

Der Bank of America verdanken wir den ganzen Salat. Ach ja, die Rockefeller Stiftung hat auch noch ihren Teil dazu beigetragen. Gut, zu wissen!

Dienstag, 25. November 2008

Nicole und die Kätzchen...


Vor ein paar Tagen war Charlize Theron hier, heute hat Nicole Kidman bei den Vereinten Nationen vorbeigeschaut, um ihr Image aufzupolieren. Als "good will ambassador" für UNIFEM, die UN Frauenorganisation, hat sie eine weltweite Kampagne gegen Gewalt gegen Frauen unterstützt: Statt der geplanten 1 Mio. Unterschriften für die Kampagne sind so gleich 5,6 Millionen daraus geworden. Die Starpower hat also genutzt! Auch in Zukunft will Nicole sich für Frauenrechte stark machen.

Bei der Pressekonferenz hatte ich das Glück, ganz, ganz, ganz vorne zu sitzen und konnte deswegen auch ganz nette Bilder von Nicole machen -- auch wenn sie mir persönlich noch nie sooo gut gefallen hat (jetzt kommt auch noch hinzu, dass sie langsam alt wird und viel zu dünn ist). Aber was solls, ein Star ist sie ohne Zweifel. Und da sie sich für einen guten Zweck einsetzt, der sonst weniger Beachtung bekommen würde, verdient sie hier auch ein dickes Lob.

Wer ihren Film "Die Dolmetscherin" gesehen hat, weiß übrigens auch, dass sich Nicole hier im UN-Hauptquartier sehr gut auskennen müsste...

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Völlig unglamourös hab ich noch zu erzählen, dass Ices, die WG-Katze in mein Zimmer gekotzt hat... Aber er hatte auch allen Grund dazu: Miguel hat nämlich für eine Nacht die vier Katzenbabies aus dem Hinterhof bei uns aufgenommen, weil es draußen einfach zu kalt für sie war. Und das hat den alten Kater (der sonst alle Aufmerksamkeit für sich hat) anscheinend so verstört, dass dabei seine Verdauung durcheinander gekommen ist ;) ... Mittlerweile haben die Kätzchen ein neues Zuhause bei zwei Familien gefunden.

Mittwoch, 19. November 2008

Nach Hause mit dem Uni-Taxi...


München, Berlin, Heidelberg -- Eliteunis? Könnt ihr vergessen. Selbst für die wenigen Auserwählten, die die Ehre haben, an einer der genannten Unis einen Elitestudiengang zu belegen, dürfte der Service, den Studenten an der Universität Yale in New Haven genießen, nur ein Traum sein -- es ist laut letztem Ranking auch die zweitbeste Uni der Welt nach Harvard.

Klar, der Campus ist malerisch. Die Bibliothek ein neogotische Schloss mit bequemen Ledersesseln zum Pauken. Und Studenten können sich bei Vorträgen und Veranstaltungen kostenlos den Bauch voll schlagen. Ach ja, die Professoren sind natürlich auch Weltklasse -- ihre Seminare dafür klein und überschaubar, damit keiner zu kurz kommt.

Was mich aber am meisten neidisch gemacht hat: Ein Anruf, und die Uni schickt ein Taxi, um die Studenten nachts sicher nach Hause zu bringen. Umsonst! Egal ob von der Disco, dem Kino, oder -- was bei Elite-Studis häufig der Fall ist -- von der Bibliothek: der Shuttleservice kommt. Glücklicherweise auch für Gäste der Studenten ;)


Nun noch das UN-Update: Wirklich Aufregendes ist in letzter Zeit nicht passiet -- wobei? George W. Bush hat noch einmal hier Halt gemacht, um bei der Veranstaltung "Culture of Peace" eine Rede zu halten -- und anstatt irgend etwas hilfreiches von sich zu geben, davon zu erzählen, wie der Glauben ihm geholfen hat. (Wer sich hier fragt, was ausgerechnet Bush bei einer Friedensveranstaltung soll, ist nicht allein. Aber da Saudi Arabien -- eine No-Go-Area für Nicht-Muslime -- die Initiative zur Veranstaltung gab, braucht man sich über gar nichts wundern.) Auch Gordon Brown hat sich sehen lassen, während Deutschland nur einen Vertreter aus der zweiten Reihe schickte.

Außerdem bemerkenswert: Charlize Theron gab sich die Ehre, da sie neue UN-Friedensbotschafterin ist. Und um es nicht zu spannend zu machen: Sie schaut tatsächlich mindestens so gut aus, wie in ihren Filmen.

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Artikel-Update:

CLIMATE CHANGE: World Willing to Pay More for Green Energy

Activists Seek Executive Order Banning Torture

Zum Schluss noch eine interessante deutsche Geschichte... Vielleicht kommt euch eine der erwähnten Personen bekannt vor ;

Donnerstag, 13. November 2008

Rüffel aus der Zentrale...

So kanns laufen: Da hatte ich mit der Ständigen Vertretung Deutschlands hier bei den Vereinten Nationen wunderbar ein Interview mit dem Botschafter ausgemacht, der Termin stand -- und dann kam doch noch die Absage: Die "Zentrale" aus Berlin, möchte nicht, dass der Botschafter ein Interview zu meinem angefragten Thema gibt.

Worum es gehen sollte? Was aus den deutschen Anstrengungen, einen Sitz im UN-Sicherheitsrat zu bekommen, geworden ist. Nachdem Gerhard Schröder sich mit der Bush-Regierung ziemlich verkracht hatte, sah es ja schon sehr schlecht aus -- schließlich geht ohne Zustimmung der USA erstmal gar nichts. Trotzdem hat Angela Merkel letztes Jahr hier in der UNO Deutschlands Vorhaben noch einmal bestätigt -- und Frank-Walter Steinmeier dieses Jahr (vor gerade einmal sechs Wochen) auch nochmal.

Will man allerdings ein Interview darüber führen, ob es mit der anstehenden Obama Administration möglicherweise wieder besser aussieht, oder ob das Projekt mittlerweile ad acta gelegt wurde, heißt es aus dem Auswärtigen Amt: Das ist zurzeit alles kein Thema! Komisch, wenn doch der Chef der "Zentrale" gerade erst deutliche Worte darüber gesprochen hat. Aber Kein Interview. So kanns laufen...