Montag, 3. November 2008

Final Countdown in Obama-Land


Wahlkampf in Amerika? In New York hat man davon eigentlich nur aus den Medien mitbekommen. Warum sollte hier auch jemand Wahlkampf machen? New York ist Obama-Land (well, es wäre wohl noch stärker Hillary-Land gewesen, immerhin ist sie Senatorin für NY). In letzten Umfragen lag Obama hier bei 62% -- McCain nur bei 31%. Klarer ist es nur in Washington D.C.. Morgen -- das kann ich garantieren -- werden die 31 New Yorker Stimmen im Electoral College auf Obama festgelegt werden.

Von den beiden Kandidaten hat sich denn auch keiner hier für eine Wahlkampfveranstaltung blicken lassen, es sei denn es ging um Events national wichtiger Medien (wir erinnern uns: die "liberal media elite" [Sarah Palin] sitzt schließlich in New York): Für wichtige Talkshows, Erfahrung mit internationaler Politik (Palin@UN) oder Saturday Night Live machten Obama und McCain dann schonmal eine Ausnahme. Auch für große Fundraising Veranstaltungen übrigens -- damit sie die Menschen in den anderen Staaten mit noch mehr Werbung überschütten können.

Republikaner habe ich -- wenn überhaupt -- nur in kleinen Grüppchen angetroffen. Tapfer haben sie ihre McCain-Palin Schilder hochgehalten, was ihnen in New York allerdings nur müdes Kopfschütteln oder mitleidiges Lächeln eingebracht hat. Die Republikaner, mit denen ich hier gesprochen habe, stammen entweder aus konservativen Hochburgen und sind nur zum studieren oder arbeiten hier. Oder sie kommen vom Land und wollten in der Stadt ein bisschen für Stimmung sorgen.


Obama-Anhänger haben in NY eigentlich keine wirkliche Wahlkampfarbeit geleistet -- das haben schon die Läden übernommen, in denen man unzählige stylische T-Shirts und Buttons mit dem Antlitz des "schwarzen Kennedy" kaufen konnte. Stattdessen war das Obama Team hier auf der Jagd nach Volunteers, die Telefon- und E-Mail-Kontakte mit unentschlossenen Wählern herstellen sollten.

Jetzt ist das Ganze endlich zu Ende: Heute halten die Kandidaten ihre letzten Wahlkampfreden -- inhaltlich wird da wohl nicht mehr viel bei rumkommen. Morgen ist die Wahl und es sieht sehr danach aus, als ob Obama deutlich gewinnen würde. Wenngleich nicht mit einem derartigen Erdrutschsieg, wie man es angesichts der katastrophalen Lage der USA nach acht Jahren Republikaner-Herrschaft eigentlich erwarten könnte. Das darf man nicht vergessen.

Trotz aller Palin-Patzer und sonstiger Pannen im McCain-Wahlkampf, ich denke, sein Gesicht wird der Senioren-Senator nicht durch eine desaströse Niederlage verlieren. Was ich durchaus gut finde. Denn McCain ist in Interviews und Auftritten -- abgesehen von seinen politischen Standpunkten -- persönlich sehr sympatisch und witzig (letzteres kann Obama nicht unbedingt von sich behaupten). Sieht man sich seine Bilanz als Senator an, so kann auch diese überzeugen.

McCain hat häufig nach Themen, nicht nach Parteizugehörigkeit entschieden. Er hat sich für Immigranten stark gemacht, gegen Korruption in Washington, für mehr Transparenz und hat Stellung gegen die religiöse Rechte eingenommen -- die durchaus extremistische Züge hat. Um seine Überzeugungen durchzusetzen hat McCain häufig mit Demokraten zusammengearbeitet. Obama dagegen ist in seiner kurzen Zeit im Senat sehr im Hintergrund geblieben und hat sich am Demokraten-Establishment orientiert.


Im Wahlkampf allerdings hat Obama klar die bessere Figur gemacht, seine Positionen -- die überzeugender waren und sind -- besser vertreten und ist fairer geblieben. In den Debatten hat er argumentiert, anstatt zu provozieren und angesichts der Finanzkrise ist er nicht in blanken Aktionismus verfallen. Mit den Clintons scheint er sich außerdem glimpflich arrangiert zu haben -- und mit Joe Biden hat er einen kompetenten -- wenn auch langweiligen -- Vizekandidaten rausgesucht.

McCain hat im Wahlkampf viele der Positionen, die seine Beliebtheit ausgemacht haben, vernachlässigt und -- nicht zuletzt -- die unterhaltsame, aber unerträgliche Sarah Palin ins Boot geholt. Dafür gehört er abgestraft und Obama sollte Präsident werden. Auch weil er ein Schwarzer ist.

Ich hoffe jedenfalls, dass Obama morgen gewinnt -- und McCain trotzdem sein Gesicht wahren kann. Es wäre schade um ihn. Um es mit dem Economist zu sagen: Hätte sich McCain doch 2000 bei den Primaries gegen George W. Bush durchgesetzt, die Welt sähe heute anders -- vermutlich besser -- aus. Jetzt aber ist Zeit für Obama.

3 Kommentare:

gXXL hat gesagt…

Naja, mit 61 % ist der Drops zumindest in New York gelutscht; die beiden hatten sich in diesen letzten Wahlkampftagen doch fast ausschließlich in den "umkämpften" Staaten präsentiert. Bin mal gespannt auf die Wahlbeteiligung und natürlich aufs Ergebnis. Laut gestrigen Nachrichten ist noch jeder siebte Amerikaner unentschlossen, find aber, dass ist ein (für deutsche Verhältnisse und in Anbetracht der Anzahl der Wähler) traumhafter Schnitt... für Obama, denn er liegt ja in den Umfragen vorn. Aberm die Amerikaner sind ja ein lustiges Völkchen und treiben so manchen Schabernack (siehe die letzten Wahlen) und wer weiß :) --> Peter weiß!

Sponk hat gesagt…
Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.
Sponk hat gesagt…

Finds ja auch echt geil, dass in Washington neben den fehlerbehafteten Wahlautomaten zusätzlich noch die "nostalgischen" Wahlzettel ausliegen - für die Bürger, die den Wahlautomaten nicht trauen - da die schon die ein oder andere Stimme in zahlreichen Tests verschluckt haben. Mal sehn was da noch für lustige Überraschungen kommen (evtl Neuwahlen *g*) Hoffentlich kommen diese Dinger nie zu uns.
Ein hoch auf die Technik !