Aber von vorne: Nach den aufregenden eineinhalb Stunden am Eingang und der Möglichkeit, alle heute anwesenden Staatschefs zu sehen, bin ich erstmal ins Büro, um mir die Reden reinzuziehen. Wie schon erwähnt, hat mich Bush sehr enttäuscht. Gut, es ist seine letzte Rede hier, und die Amerikaner (geschweige denn der Rest der Welt) glauben ihm ohnehin nichts mehr. Aber heute wäre doch eine Chance gewesen, den eigenen Eintrag im Geschichtsbuch noch etwas aufzumöbeln. Stattdessen Gemeinplätze: Terrorbekämpfung, Schurkenstaaten usw. Immerhin zur Finanzkrise hat er Stellung genommen: Alles in Ordnung -- wir kriegen das schon hin.

Nachmittags hab ich dann an meinen Geschichten gearbeitet und ein kurzes Interview geführt, bevor es mit dem GV Programm auch schon weiterging. Es folgte -- wie sich herausstellen sollte -- das Highlight des Tages: Ahmadinedschads Pressekonferenz. Schon vorher ist er "positiv" (bitte nicht meinen, ich wäre jetzt ein Fan von ihm ;) ) aufgefallen: Während Bush, Condi & Co. seine Rede nicht anhörten, sondern wie kleine Kinder aus der Versammlung gingen, hat er sich Bushs Kritik persönlich angehört. Und: Als einziger Präsident hat er bei seiner Ankunft in der UNO die Treppe, nicht die Rolltreppe genommen ;)
Seine Pressekonferenz hat noch einmal mehr Journalisten angezogen als Sarkozys. Und er hat sich deutlich mehr Zeit genommen. Aber vor allem: So seltsam es klingt, er schafft es wirklich, sympathisch zu wirken. Er bleibt immer ruhig, ist extrem höflich, antwortet in Sekundenschnelle sehr strukturiert -- ohne groß ins Labern zu kommen. Inhaltlich unerträglich: Von Israel spricht er nicht, nur von den "Zionisten" und ihrem Regime. Wie er in obigen Video allerdings erklärt, sind "Zionisten" nicht gleich Juden. Die einen sind die Politiker, die anderen die Anhänger des Propheten Moses. Was auch immer man davon halten soll.
Schlecht für Amerika: Mit den Menschenrechtsverletzungen, den Atomwaffen und den Kriegen der Amis kennt sich Ahmadinedschad bestens aus. Interessant an seinen Ausführungen -- und ich bin mir sicher, dass er viele Unterstützer unter den UNO-Mitgliedstaaten hat: Er wirft den USA und einigen europäischen Staaten vor, immer von der "internationalen Gemeinschaft" zu sprechen, wenn sie eigentlich nur sich selbst meinen.
Natürlich drehen sich die meisten Fragen um das iranische Atomprogramm. Er bleibt ebenfalls natürlich dabei, dass Iran nur friedlich die Atomkraft nutzen will. Das "Zeitalter der Atombomben" ist nach Ahmadinedschads Meinung ohnehin vorbei. Denn: Würden diese Waffen irgendetwas bringen, hätte man damit bereits Probleme lösen können. Da das nicht der Fall ist, sind sie völlig überflüssig. Überhaupt: Iran will friedlich mit allen Staaten leben, auch mit den Amerikanern, und ist jederzeit zu Gesprächen bereit.
Wenn nach der Situation in Iran gefragt wird, meint man, Ahmadinedschad kommt aus der liberalsten Demokratie der Welt. Jeder darf sagen, was er will. Keiner wird verfolgt. Und "Human Rights Watch", die erhebliche Menschenrechtsverletzungen feststellen, sind Schergen der US-Regierung. Ebenso wie die Internationale Atomenergiebehörde natürlich.
Nach seiner Pressekonferenz nimmt der iranische Präsident noch ein kleines Bad in der Journalistenmenge und beantwortet weitere Fragen. Selbst für Erinnerungsfotos steht er zur Verfügung. Meiner Meinung nach ist sein Umgang mit den Medien strategisch sehr klug. Er kann seine Position gut vertreten. Und die Journalisten sind ihm dankbar, dass er sich mehr Zeit als andere nimmt.

Mein Fazit nach dem heutigen Tag: Die USA -- aber auch Europa -- sollten wirklich damit anfangen, die anderen Erdteile etwas ernster zu nehmen und als gleichwertige Partner zu behandeln -- anstatt nur die eigenen Interessen durchsetzen zu wollen. Auch Sarkozys Vorschlag, den Sicherheitsrat zu erweitern, ist nur halbherzig. Würde er wirklich etwas voranbringen wollen, könnte er auch anbieten, auf Frankreichs Vetorecht zu verzichten oder einem gemeinsamen EU-Sitz zuzustimmen. Die große Zustimmung, die Amerika-Kritiker wie Ahmadinedschad und Morales heute bekommen haben, sollte "den Westen" jedenfalls nachdenklich machen...
4 Kommentare:
Wow, echt mal coole Eindrücke und Dinge, die man nicht bei tagesschau, Klaus Kleber und Co. erfährt.Scheinst ja auch schon richtig im inneren Zirkel der Macht angekommen zu sein ;)
hehe der kleine mahmud und der riesige security typ dahinter ;P
Im letzten Abschnitt kommt der unverbesserlicher "Weltverbesserer" aus dir raus :)
ach im übrigen...keiner will mit dir party machen =)
War denn der Premierminister aus Lam...pukistan auch da ;) Auf den ist doch Peter "Mr. News" Kloeppel immer so heiß XD
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